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B9) Holzbewohnende Pilze

Effekte von Waldstrukturen auf Pilze

Michael Scherer-Lorenzen
Doktorand: Max Wieners (seit 2020)

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät für Biologie, Insitut für Biologie II, Abteilung für Geobotanik

Hintergrund

Im Ökosystem Wald sind Pilze eine wichtige Organismengruppe, da sie mehrere Ökosystemprozesse antreiben (C-Kreislauf, N-Kreislauf, P-Kreislauf) und die Struktur der Artengemeinschaften von Pflanzen, Tieren und Bakterien über biotische Interaktionen beeinflussen (Treseder 2004; Peay et al. 2008). Darüber hinaus handelt es sich um eine sehr artenreiche Organismengruppe (> 14 000 Taxa in Deutschland), die bislang nur ungenügend untersucht wurde. Gleichzeitig sind viele Pilzarten durch den Einfluss des Menschen ernsthaft bedroht. Als Gründe werden in der „Roten Liste" unter anderem der Mangel an alten Waldbeständen und starkem Biotopholz sowie die Umwidmung von Naturflächen angegeben (Dämmrich et al. 2016).
In der Biodiversitätsforschung ist das Testen ökologischer Theorien eine zentrale Aufgabe, um eine Generalisierung von Ergebnissen aus Beobachtungsstudien und experimentellen Ansätzen zu ermöglichen. In diesem Projekt wird gleich an mehreren Theorien angeknüpft, und zwar an der Habitat-Heterogenität-Hypothese (MacArthur & MacArthur 1961), der Theorie der Metapopulationen (Hanski 1999) und der Habitat-Menge-Hypothese (Fahrig 2013).

 

Fragestellungen und Hypothesen

Der Effekt der Retentions-Forstwirtschaft auf Pilze wurde bisher kaum untersuchen und es bleibt unklar, inwieweit sich die Ergebnisse aus der borealen Kahlschlagwirtschaft auf die Wälder in Mitteleuropa übertragen lassen. In diesem Projekt soll im Rahmen der ConFoBi-Forschungsinfrastruktur daher der Effekt von Retentions-Maßnahmen auf die Diversität der Großpilze und die Wechselwirkung zwischen den untersuchten Organismengruppen anhand von vier Hypothesen auf mehreren räumlichen Ebenen untersucht werden:

  1. Holzbewohnende Pilze profitieren entsprechend der Habitat-Heterogenität-Hypothese deutlich von einer Erhöhung der strukturellen Diversität auf den Untersuchungsflächen.
  2. Die Fragmentierung von Habitaten hat keinen negativen Einfluss auf die genetische Diversität von windverbreiteten Pilzen, anders als von der Theorie der Metapopulationen vorhergesagt.
  3. Der Artenreichtum in einer fragmentierten Landschaft lässt sich gut durch die Habitat-Menge-Hypothese erklären, da Pilze zumeist habitat- und nicht verbreitungslimitiert sind.
  4. Aufgrund von biotischen Interaktionen gibt es auf den Untersuchungsflächen klare Zusammenhänge zwischen der Diversität der Pilze und der Diversität anderer Organismengruppen.  

 

Ansatz, Methoden und Verknüpfungen

Zur Erfassung der Pilzvielfalt werden in drei Erhebungen alle Großpilze auf den Untersuchungsflächen dokumentiert. Dazu werden pro Fläche zwei kreisrunde Teilflächen mit einer Fläche von je 280 m² bestimmt, auf denen anhand von Fruchtkörpern das Arteninventar erfasst wird. Da der Fokus hier auf den holzbewohnenden Arten liegt werden zusätzlich weiter Merkmale der Totholzobjekte wie Größe, Moos- und Rindenbedeckung, Bodenkontakt und Zersetzungsgrad dokumentiert. Zur Analyse der genetischen Diversität von windverbreiteten Pilzen werden Sequenz-Polymorphismen bei einer häufigen und einer seltenen Art untersucht. Schließlich werden die in diesem Vorhaben erfassten Pilzarten mit den vorliegenden Diversitätsdaten aus ConFoBi verschnitten, um Zusammenhänge zwischen der Diversität der Pilze und der Diversität anderer Organismengruppen zu untersuchen.

 

Literatur

Dämmrich F, Lotz-Winter H, Schmidt M, Pätzold W, Otto P, Schmitt J A, ... & Wöldecke K (2016) Rote Liste der Großpilze und vorläufige Gesamtartenliste der Ständer- und Schlauchpilze (Basidiomycota und Ascomycota) Deutschlands mit Ausnahme der Flechten und der phytoparasitischen Kleinpilze. In: Matzke-Hajek G, Ludwig G & Hofbauer N (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Bd. 8: Pilze (Teil 1) – Großpilze. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(8):31-433.

Fahrig, L. (2013). Rethinking patch size and isolation effects: the habitat amount hypothesis. Journal of Biogeography, 40(9), 1649-1663.

Hanski, I. (1999). Metapopulation ecology. Oxford University Press.

MacArthur, R. H., & MacArthur, J. W. (1961). On bird species diversity. Ecology, 42(3), 594-598.

Peay, K. G., Kennedy, P. G., & Bruns, T. D. (2008). Fungal community ecology: a hybrid beast with a molecular master. Bioscience, 58(9), 799-810.

Treseder, K. K. (2004). A meta-analysis of mycorrhizal responses to nitrogen, phosphorus, and atmospheric CO2 in field studies. New Phytologist, 164(2), 347-355.