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B3) Pflanzen-Insekten Interaktionen

Diversität und Funktion von Pflanzen-Insekten Interaktionen entlang eines Strukturgradienten

Alexandra Klein
Doktoranden: Nolan James Rappa (seit 2019) & Riko Fardiansah (seit 2022)

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Fakultät Umwelt & Natürliche Ressourcen, Institut für Umwelt- und Naturwissenschaften, Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie

Hintergrund

Der Rückgang der Insektenvielfalt und -biomasse ist in letzter Zeit zunehmend dokumentiert worden, wobei es in Agrarlandschaften, aber auch in Waldökosystemen, zu starken Rückgängen gekommen ist. Während sich einige Arbeiten auf den Klimawandel als Ursache für den Rückgang von Waldinsekten konzentriert haben, haben sich relativ wenige damit befasst, wie Waldbewirtschaftungspraktiken Insekten beeinflussen. Daher konzentriert sich unser Teilprojekt auf die Zusammenhänge zwischen Waldstrukturen und -vielfalt, Biomasse und trophischen Interaktionen von Insekten auf der Ebene von Beständen und Landschaften.

In der ersten Phase setzte unsere Doktorandin Anna Knuff modifizierte Flugabfang-/Fensterfallen auf den ConFoBi-Forschungsflächen ein und zeigte, dass (1) unsere modifizierten Fallen eine große Vielfalt von Insektentaxa in Wäldern erfassen und dass (2) strukturelle Waldelemente, wie eine mehrschichtige Waldvegetation, starke Auswirkungen auf Insekten haben können.

Unser zweiter Doktorand Nolan Rappa nutzte die von Anna Knuff gefangenen Insekten, um Käfer mit einer höheren taxonomischen Auflösung zu analysieren. Wir fanden heraus, dass die Alpha-Diversität und die Biomasse der funktionellen Käfergruppen unterschiedlich auf die Strukturelemente des Waldes reagieren und dass Strukturelemente, die für ältere Wälder charakteristisch sind, beide Variablen stark begünstigen. Darüber hinaus exponierte Nolan Rappa standardisierte Schilf-Nisthilfen für oberirdisch-nistende Hymenopteren, um die trophischen Interaktionen von Bienen, Wespen und ihren natürlichen Gegenspielern zu untersuchen. Er installierte auch neue Holz-Nisthilfen für Hymenopteren, um die Unterschiede der Nistraten und Bruterfolg von Bienen und Wespen in verschiedene Totholzarten zu untersuchen. Mit diesen Holz-Nisthilfen wollen wir ein Fallennistsystem für Wälder einrichten, das zur Untersuchung der frühen Holzzersetzungsprozesse durch Totholz-nistende Insekten verwendet werden kann.

Der dritte Doktorand/in wird die inter- und intra-spezifischen Reaktionen von Hymenopteren auf die Erhaltung von Wäldern auf Bestands- und Landschaftsebene analysieren, indem er/sie die vorhandenen Daten zur Flugüberwachung und zu den Nisthilfen verwendet. Der Doktorand/in wird außerdem Daten über multitrophische Bienen- und Wespennetzwerke im stehendem Totholz sammeln, um die von Hohlraum-nistenden Bienen und Wespen gesammelten Nahrungsressourcen zu analysieren.

 

Forschungsfragen und Hypothesen

B3 befasst sich mit der übergreifenden Hypothese, dass Retentionsmaßnahmen auf Bestandsebene die Diversität und die trophischen Interaktionen von Hymenopteren (und anderen Arthropoden) beeinflussen, die jeweils durch die Waldzusammensetzung und -konfiguration vermittelt werden. Insbesondere erwarten wir, dass (1) Biomasse, Diversität und funktionelle Diversität von Insekten auf der Ebene von Waldbeständen (Parzellen) durch die lokale Waldstruktur und die umgebende Landschaft erklärt werden; (2) Biomasse und funktionelle Diversität nehmen mit der strukturellen Heterogenität auf der Parzellenebene zu und sind in zusammenhängenden Wäldern am höchsten; (3) Trophische Interaktionsnetzwerke von Hohlraum-nistenden Hymenopteren und ihren natürlichen Gegenspielern werden in Waldbeständen mit hohem Totholzanteil stabiler und redundanter sein; (4) Die Lebensgemeinschaften von in Holz-nistenden Hymenopteren werden sich in Beständen mit unterschiedlichem Totholzanteil und Holzarten unterscheiden.

In der dritten Phase werden wir insbesondere die folgenden Hypothesen testen: (5) Die Auswirkungen von Retentionsmaßnahmen auf Insektenlebensgemeinschaften und ihre trophischen Interaktionen werden durch ihre Ernährungsgewohnheiten/Spezialisierung und ihre inter- und intraspezifischen Merkmale bestimmt; (5) Hohlraum-nistende, pflanzenfressende Wespen ernähren sich hauptsächlich von Waldpflanzenfressern/Schädlingen und stehen daher in engem Zusammenhang mit standörtlichen Retentionsmaßnahmen; (6) Hohlraum-nistende Bienen ernähren sich von Waldbäumen und Kräutern in der umgebenden Landschaft und stehen daher in stärkerem Zusammenhang mit offenen Flächen in der umgebenden Landschaft als mit flächenbezogenen Retentionsmaßnahmen.

 

 

Ansatz, Methoden und Verknüpfungen

B3 analysiert die Beziehung zwischen Komponenten der Insektenvielfalt (z. B. Biomasse, funktionelle Vielfalt) und Umweltvariablen im Zusammenhang mit der Walderhaltung (z. B. Totholz, Mikrohabitate). Um die Biomasse und die funktionelle Vielfalt der Insekten zu quantifizieren, analysieren wir bereits vorhandene Insekten, die mit Flugfallen gesammelt wurden. Um trophische Interaktionen und Nahrungsnetze zu quantifizieren, haben wir in allen 135 ConFoBi-Flächen Nisthilfen für Hohlraum-nistende Hymenopteren installiert und überwacht. Mithilfe einer Reihe statistischer Verfahren (z. B. Modelle mit gemischten Effekten, Netzwerkanalysen) bewerten wir jetzt, wie verschiedene Komponenten des Baumerhalts und der Waldstruktur mit der Hymenopterenvielfalt und den multitrophischen Nahrungsnetzen zusammenhängen, die jeweils durch den Landschaftskontext vermittelt werden.

In der dritten Phase werden wir insbesondere:

  1. Messungen individueller Merkmale von Bienen und Wespen vornehmen, um die intra- und interspezifischen Reaktionen auf die Erhaltung der Wälder zu verstehen. Gemessen werden dabei reproduktive Merkmale wie die Anzahl der angelegten Brutzellen und der parasitierten Brutzellen, aber auch die Körpergröße, andere morphologische Merkmale und das Geschlechterverhältnis. Anhand dieser Daten werden wir feststellen, wie Fortpflanzungsmerkmale, die allgemeine Merkmalsvielfalt, die Reproduktionsrate und die Empfindlichkeit gegenüber Parasitierung und Prädation auf Maßnahmen zur Erhaltung der Wälder reagieren. Wir werden auch feststellen, wie die Variation der Fortpflanzungsmerkmale die Reproduktion einzelner Bienen- und Wespennester erklärt, indem wir die unterschiedlichen Möglichkeiten der Bienen und Wespen, Kompromisse zwischen dem Sammeln von Nahrungsressourcen und dem Schutz ihrer Larven vor Parasitoiden und Prädatoren zu schließen, widerspiegeln. Zu diesem Zweck werden wir die Vorteile von Metriken für die Merkmalsvielfalt nutzen, die speziell für die Erfassung individueller Daten entwickelt wurden und verschiedene Mechanismen widerspiegeln, die durch abiotische und biotische Wechselwirkungen (z. B. Nischenaufteilung) Diversitätsmuster formen.
  2. Fortsetzung der Erhebungen von Hohlraum-nistenden Bienen, Wespen und ihren natürlichen Gegenspielern mit unseren neuen Holz-Nisthilfen. Dies wird es ermöglichen, die zeitliche und räumliche Dynamik der trophischen Insektennetze und die Veränderungen der Lebensgemeinschaften im Hinblick auf die Erhaltung der Wälder, die Habitatbäume und die Landschaftsmerkmale zu analysieren.
  3. Verwendung einer Teilmenge frisch besetzter Wespennester zur Identifizierung der Nahrungsbestandteile, die sich von pflanzenfressenden Insekten ernähren. Anhand dieser Proben werden wir trophische Netzwerke analysieren, die über zwei trophische Ebenen hinausgehen, indem wir herkömmliche DNA-Barcodierung verwenden. Vorläufige Analysen zeigen, dass viele der Beutetiere, die von Wespen genutzt werden, Waldschädlinge sind. Dies wird es uns ermöglichen, die Top-down-/Bottom-up-Regulierungsprozesse zur Kontrolle von Waldschädlingspopulationen zu verstehen.

B3 arbeitet mit den anderen B-Projekten (B2-B6, B10) und D2 zusammen, indem wir Insekten identifiziert (Abundanz, Biomasse, Vielfalt, trophische Verbindungen). B3 wird auch zur Analyse der Bodensamenbank der Unterholzvegetation beitragen (in Zusammenarbeit mit B2). Darüber hinaus wirdl B3 mit C2 kooperieren, um das Wissen über den Wert von Bienen und Wespen für die Wälder aus Sicht der Waldbewirtschafter und Waldnutzer zu verstehen. B3 arbeitet auch mit B4 (funktionelle Konnektivität) bei der Analyse der genetischen Konnektivität von saproxylischen Hymenopteren zusammen.

 

 

Ergebnisse

Bisher haben wir gezeigt, dass Flugfang-/Fensterfallen auf einfache Weise modifiziert werden können, um das Spektrum der zu erfassenden Fluginsektentaxa zu erweitern. Das Manko der meisten herkömmlichen Fallentypen ist ihre eher geringe taxonomische Abdeckung, so dass für eine umfassende Erfassung der Insektenfauna der Einsatz mehrerer komplementärer Sammelmethoden erforderlich ist. Diese erste Prüfung unserer modifizierten Fallen war notwendig, um die Vollständigkeit unserer Probenahme zu rechtfertigen.

Anhand der Gesamtzahl der gefangenen Insekten konnten wir dann zeigen, dass diese positiv mit der mehrschichtigen Waldvegetation zusammenhängt. Auf der Ebene der Lebensgemeinschaft beeinflussen vor allem der mittlere Baumdurchmesser und der Anteil der Laubbäume die Zusammensetzung der Insektentaxa. Eine größere Heterogenität des Lebensraums, wie sie in mehrschichtigen, artenreichen Beständen gegeben ist, erhöht also die Gesamtinsektenzahl. Die Baumartenzusammensetzung ist dabei von besonderer Bedeutung.

Wir ergänzten diese Studie durch eine exemplarische Untersuchung der ökologischen Mechanismen, die für die Abundanz und den Artenreichtum hochspezialisierter wirbelloser Herbivoren, d. h. gallenbildender Arthropoden, verantwortlich sind, um zu prüfen, ob Abundanz und Artenreichtum gallenbildender Arthropoden mit dem Pflanzenreichtum zunehmen. Es zeigte sich jedoch, dass weder die Abundanz noch der Artenreichtum der gallenbildenden Arthropoden, sondern die Anzahl der pro Pflanzenart gefundenen Gallenarten mit dem Pflanzenreichtum zusammenhängt.

Obwohl also im Allgemeinen ein höherer Insektenreichtum positiv mit einer hohen strukturellen Vielfalt der Waldvegetation verbunden ist, scheint es, dass kein einzelnes Strukturelement in bewirtschafteten Wäldern gleichzeitig für alle Insektentaxa von Vorteil ist, da die Lebensraumanforderungen der Taxa untereinander und innerhalb der Taxa variieren. Daher haben wir in der zweiten Phase bestimmte Taxa, z. B. Käfer, auf einer höheren taxonomischen Ebene analysiert und auch für diese Insektenordnung gezeigt, dass verschiedene funktionelle Gruppen in Abhängigkeit von ihren Ernährungsgewohnheiten unterschiedlich auf Strukturelemente im Waldbestand reagieren. Derzeit sind wir noch dabei, die Daten zu den trophischen Wechselwirkungen zwischen Höhlen und Nestern aufzubereiten, um zu analysieren, wie Pflanzenfresser-jagende Wespen, Spinnen-jagende Wespen und Pollen-sammelnde Bienen auf die Strukturerhaltung auf Bestandsebene reagieren.

 

 

ConFoBi-Veröffentlichungen von B3

Augustynczik, Andrey L. D.; Asbeck, Thomas; Basile, Marco; Jonker, Marlotte; Knuff, Anna & Yousefpour, Rasoul et al. (2020). Reconciling forest profitability and biodiversity conservation under disturbance risk: the role of forest management and salvage logging. Environ. Res. Lett., 15, 0940a3. www.doi.org/10.1088/1748-9326/abad5a.

Basile, Marco; Asbeck, Thomas; Jonker Marlotte; Knuff, Anna K.; Bauhus, Jürgen & Braunisch, Veronika et al. (2020). What do tree-related microhabitats tell us about the abundance of forest-dwelling bats, birds, and insects? Journal of environmental management, 264, 110401. www.doi.org/10.1016/j.jenvman.2020.110401.

Gustafsson, Lena; Bauhus, Jürgen; Asbeck, Thomas; Augustynczik, Andrey Lessa Derci; Basile, Marco & Frey, Julian et al. (2020). Retention as an integrated biodiversity conservation approach for continuous-cover forestry in Europe. Ambio, 49, 85–97. www.doi.org/10.1007/s13280-019-01190-1.

Knuff, Anna K.; Staab, Michael; Frey, Julian; Helbach, Jan & Klein, Alexandra‐Maria (2019). Plant composition, not richness, drives occurrence of specialist herbivores. Ecol Entomol, 44, 833–843. www.doi.org/10.1111/een.12767.

Knuff, Anna K.; Winiger, Nathalie; Klein, Alexandra‐Maria; Segelbacher, Gernot & Staab, Michael (2019). Optimizing sampling of flying insects using a modified window trap. Methods Ecol Evol, 10, 1820–1825. www.doi.org/10.1111/2041-210X.13258.

Knuff, Anna Katharina; Staab, Michael; Frey, Julian; Dormann, Carsten F.; Asbeck, Thomas & Klein, Alexandra-Maria (2020). Insect abundance in managed forests benefits from multi-layered vegetation. Basic and Applied Ecology, 48, 124–135. www.doi.org/10.1016/j.baae.2020.09.002.

Storch, Ilse; Penner, Johannes; Asbeck, Thomas; Basile, Marco; Bauhus, Jürgen & Braunisch, Veronika et al. (2020). Evaluating the effectiveness of retention forestry to enhance biodiversity in production forests of Central Europe using an interdisciplinary, multi-scale approach. Ecology and evolution, 10, 1489–1509. www.doi.org/10.1002/ece3.6003.